ASSISTENZHUNDE AM ARBEITSPLATZ


Ein Verbot zur Mitnahme eines Assistenz- oder Blindenführhundes an den Arbeitsplatz
stellt eine verbotene Schlechterstellung und damit eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers dar

Quelle: www.inclusion-handicap.ch / FOCUS Nr. 9, April 2013, Seite 16 & 17


A)

Weil das Arbeitsrecht keine entsprechenden Vorschriften enthält, kann der Arbeitgeber alleine entscheiden, ob und welche Tiere an den Arbeitsplatz mitgenommen werden dürfen. Es gibt aber Ausnahmen:

Assistenzhunde fördern die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen und werden fachärztlich verordnet. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber verlangt bestmöglichen Schutz und Rücksichtnahme auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Menschen mit Einschränkungen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass ein Verbot des Assistenzhundes am Arbeitsplatz oder eine Mitnahme-Einschränkung eine Schlechterstellung und damit eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bedeutet.

 

Der Arbeitgeber muss über die Begleitung durch einen Assistenzhund informiert werden. Die Zustimmung der Kollegschaft ist jedoch nicht erforderlich.

B)

Für Arbeitsverhältnisse in der Privatwirtschaft gibt es keine Regelungen im BehiG, ebenso ist das Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung nicht direkt anwendbar, da dieses grundsätzlich zwischen Privaten keine Geltung hat.

 

Dennoch kann aus den Vorschriften des Zivilrechts und des Arbeitsrechts die Verpflichtung abgeleitet werden, dass Menschen mit Behinderung, die auf die Begleitung ihres Assistenz- oder Blindenführhundes angewiesen sind, diesen an den Arbeitsplatz mitnehmen dürfen. Dies ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in Art. 328 Obligationenrecht (OR) und Art. 6 Arbeitsgesetz (ArG), wonach dieser die Persönlichkeit der Arbeitnehmenden schützen und achten muss, soweit ihm entsprechende Massnahmen zumutbar sind. Als Folge dieser Fürsorgepflicht ist die Diskriminierung von Mitarbeitenden mit Behinderung verboten.

C)

Für Arbeitsverhältnisse des Bundes gilt eine erhöhte Fürsorgepflicht des Bundes als Arbeitgeber, die sich insbesondere aus dem Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung in Art. 8 Abs. 2, den Bestimmungen des BehiG, der BehiV und des Bundespersonalgesetzes (BPG) ergibt.

 

Kantonale Arbeitsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse bei Gemeinden unterliegen zwar nicht dem BehiG, jedoch direkt dem Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung in Art. 8 Abs. 2. Ebenso gelten hier die jeweiligen kantonalen Personalgesetze, welche die Interessen von Menschen mit Behinderung sehr unterschiedlich berücksichtigen. Es wird in jedem Einzelfall notwendig sein, die entsprechenden kantonalen Gesetze zu konsultieren, um zu sehen, ob eine über die allgemeine Fürsorgepflicht hinausgehende Verpflichtung des kantonalen Arbeitgebers zur Gleichbehandlung von Mitarbeitenden mit Behinderung besteht.


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